Die Entscheidung bezüglich des Abbaggerns Lützeraths ist beschämend und gehört aufs Schärfste verurteilt, denn sie gefährdet die Klimaziele Deutschlands und trägt somit dazu bei, dass das Aufhalten der Klimakrise nahezu unmöglich gemacht wird.
Schon jetzt zeigt die Klimakrise weltweit ihr zerstörerisches Potenzial, seien es Dürresommer oder Waldbrände, Überschwemmungen wie im Ahrtal oder Eiseskälte wie in Nordamerika. Dennoch scheint die Bedrohung einigen Akteur*innen insbesondere in bestimmten Wirtschaftszweigen nicht ganz bewusst zu sein.
Damit Deutschland die Einhaltung des 1,5°C-Ziels und damit das Pariser Klimaabkommen erreicht, muss Deutschland unter anderem so früh wie möglich die Kohleverstromung beenden, denn diese Art der Stromgewinnung ist die klimaschädlichste Form. Jede Tonne Kohle produziert eine Tonne CO2, wie zum Beispiel BUND Landesverband NRW erklären. Glücklicherweise wurde der Kohleausstieg bereits aufs Jahr 2030 vorgezogen, somit konnten fünf Ortschaften bei Garzweiler vor einem Abriss geschützt werden. Doch trotz grünen Wirtschaftsministerien auf Bundes- und Landesebene wurde Lützerath nicht verschont.
RWE behauptet nämlich, die Erweiterung sei von Nöten, da durch die aktuelle Energiekrise mehr Kohle zur Stromerzeugung benötigt wird als bisher eingeplant. Die Analysen, welche die These stützen sollen, kommen jedoch oft von RWE selber, andere Institute wie z.B. die „CoalExit Reasearch Group“ kommen zum Ergebnis, dass selbst durch mehr Kohleverbrennung „nur“ 270 Mio. Tonnen Kohle benötigt werde. Die bestehenden Tagebaue Hambach und Garzweiler II allein haben in den aktiven Zonen schon 300 Mio. Tonnen Kohle zur Verfügung, die Zerstörung Lützeraths ist also mitnichten erforderlich. Aber schon in der Vergangenheit hat RWE deutlich zu hohe Angaben zum Kohlebedarf getätigt. Es scheint, als sei nicht die Energiesicherheit Deutschlands das Wichtigste für RWE, sondern so viel Profit zu machen wie möglich, und das, obwohl sie schon seit Jahrzehnten Milliarden mit der Kohle Verstromung erworben haben (alleine im ersten Halbjahr 2022 501 Millionen Euro, wie RWE selber angibt). Auch trotz massiver Gewinne durch die Energiekrise reicht ihr Profit ihnen nicht.
Denn bei Lützerath geht es nicht allein um die Kohlereserven. In dieser Gegend befinden sich zusätzlich Maßen an Erde und Gestein, welches RWE für die Hangabsicherung benötigt, wie t-online oder 24Rhein berichten. In den aktiven Zonen fehlt die benötigte Menge, weswegen RWE diese eigentlich von außerhalb erwerben müsste. Durch den Abriss wird also Geld gespart und zusätzlich Gewinn durch den Kohleverkauf erzielt. Ebenfalls werden durch die Grubenvergrößerung die Kosten der Naturalisierung gesenkt, welche auch in Vergangenheit erst verpflichtet werden musste, denn die Hänge müssten nicht mehr so steil befestigt werden, da beim Abriss mehr „Abraum“ geschaffen wird. Blöderweise werden dafür große Flächen an Natur unwiderruflich zerstört, welche man ja eigentlich wiederherstellen möchte, denn der Krater des Abbaus bleibt für Jahrhunderte.
Hier müsste also der Staat eingreifen, denn durch RWEs Profitgier ist auf den Konzern kein Verlass. Stattdessen wird RWE in gewisser Weise unterstützt. Mona Neubauer, grüne NRW-Wirtschaftsministerin, nannte es ein „notwendiges Übel“, eines, das nach unserer Ansicht und der vieler Anderen die Klimaziele in Gefahr bringt. Denn abgesehen von den unnötigen Mengen CO2, welche freigesetzt würden, öffnet dies Möglichkeiten für RWE, weitere Erweiterungen durchzubringen: Auch in Zukunft könnten sie den Vorwand der „Energiesicherheit“ ausnutzen, um noch mehr Kohle zu fördern. Am Ende konnte man sich jedoch bei RWE nicht durchsetzen oder man wollte nicht den Koalitionspartner verärgern, letztendlich bekommt RWE seine riesigen Profite, auf Kosten der Umwelt und einer stabilen Zukunft.
Denn es bekommen nicht diejenigen die Konsequenzen zu spüren, die sie verursacht haben oder die sie sich leisten könnten, sondern es sind diejenigen, welche schon jetzt in sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten leben. Der Klimawandel verschlimmert deren Situation nur noch. Das kann uns Sozialdemokrat*innen nicht egal sein kann, denn am Ende ist auch die Klimafrage eine soziale Frage.
Einige haben hier jedoch den Ernst der Lage verstanden und versucht per Protest einen Abriss zu verhindern, doch der Staat steht ihnen nicht zur Seite. Unser Respekt geht an alle, die den Mut zeigen, sich trotz der Entscheidung per Protest dagegen zu stellen. Doch die Anwendung von Gewalt gegenüber der Polizei, die lediglich ihren Job machen müssen, (da ihre Entscheidungsträger es verlangen,) oder anderen Gruppen verurteilen wir aufs Schärfste, denn es trägt nicht zur Lösung bei, es erschwert sie nur, da die Fronten sich verhärten und die gesellschaftliche Unterstützung sinkt. Dieser Protestform darf kein Platz gegeben werden, den überwiegend friedlichen Protestaktionen gilt weiterhin unsere uneingeschränkte Solidarität.
Schlussendlich geht es bei Lützerath nicht um ein scheinbar „unbedeutendes“ Dorf, sondern darum, ob wir am Ende eine sichere Zukunft haben und darum, ob die Gier größerer Firmen wie RWE und die Politik im Namen des Profits diese sichere Zukunft gefährden: Wenn Deutschland seine Ziele nicht einhält, senden wir als Europas stärkste Wirtschaft ein negatives Signal an die ganze Welt. Wir sollten also alles daransetzen, um zu verhindern, dass dies geschieht. Denn ob es am Ende bei Lützerath bleibt oder doch weitere Erweiterungen kommen, ist ungewiss.
Wir Jusos Siegen-Wittgenstein fordern deshalb einen sofortigen Stopp des Vorhabens und verurteilen die Entscheidung weiterhin aufs Schärfste. Die Weiterentwicklung und der Ausbau der Erneuerbaren Energien sollte oberste Priorität sein, nicht die Reaktivierung und drohende Verschleppung der Kohlegewinnung.
Quellen:
RWE erhöht Prognose für das Geschäftsjahr 2022
Räumung des Kohle-Dorfs: Wie wichtig ist Lützerath für RWE wirklich? (t-online.de)
Studie: Braunkohle unter Lützerath nicht benötigt – Landespolitik – Nachrichten – WDR
Braunkohle und Klimaschutz (bund-nrw.de)
Braunkohlestreit um Lützerath – Räumung des Klimacamps hat begonnen | deutschlandfunk.de
Lützerath-News am Donnerstag: Abrissarbeiten in Lützerath sollen beginnen – DER SPIEGEL
Lützerath: Symbol der Klimaaktivisten – die Hintergründe (24rhein.de)
Lützerath: Worum geht es eigentlich im Streit um das Dorf bei Köln? | STERN.de
Kohleausstieg um 2030 in Deutschland? | Wissen & Umwelt | DW | 09.12.2020
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Tagebau Garzweiler | Explore # 192 on December 7, 2008 Explo… | Flickr
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